josef garcia cascales schwarzer rahmen web me 8Der spanische Ordenspriester García-Cascales, der die meiste Zeit seines Lebens in Wien verbracht hat und in Österreich die CURSILLO-Bewegung eingeführt hat, ist kürzlich im Alter von 85 Jahren verstorben. Als „Prophet der Liebe“ wird er posthum in einer kurzen Lebensbeschreibung bezeichnet. Er wollte den Menschen das Christsein als zutiefst fröhliche und positiv ermunternde Lebensgestaltung nahe bringen - durch seine Cursillo-Kurse, die er unermüdlich gehalten hat und an denen im Laufe der Jahrzehnte tausende Menschen teilgenommen haben.

 

In seinen Lebenserinnerungen schreibt er, dass er nach seiner Priesterweihe nach Hause reisen und bei seiner Familie Primiz feiern wollte: „In jenen strengen Zeiten brauchten wir Erlaubnis vom Ordensgeneral in Rom, um nach Hause fahren zu dürfen. Ich bat darum. Da war ich äußerst schmerzlich getroffen, als die Antwort des Generals lautete: Ich soll, um ein observanter Ordensmann zu sein, auf den Besuch bei der Mutter und auf die Primiz bei der Familie verzichten. Schon damals habe ich mir gedacht, dass so etwas unter Christen unmöglich sein müsste.“ (P. Josef García Cascales, Prophet der Liebe, Seite 7f).

Wir begehen 2012/13 auf Anregung Papst Benedikt XVI. das „Jahr des Glaubens“. Immer wieder begegnen mir Menschen mit der Frage: „Was muss ich eigentlich glauben?“. Darauf kann ich nur sagen: „Glauben müssen Sie gar nichts! Glaube ist eine Sache der Freiheit, der Freiwilligkeit, eine Sache der Begeisterung und der Erfahrung der Liebe Gottes in meinem Leben.“ Ich muss nicht glauben, weil es mir irgendeine Institution vorschreibt. Ich muss nicht bestimmte Sachen und Lehren glauben, weil es irgendein Dogma sagt!

 

NEIN; SONDERN: Ich kann, ich darf glauben, weil mir die Frohe Botschaft Jesu innere und äußere Befreiung bringt, weil sie mir hilft, das Leben besser zu bewältigen und mit anderen Menschen besser auszukommen und mehr Ehrfurcht vor der Natur zu haben. Ich darf glauben, weil ich merke, dass es andere Menschen gibt und gegeben hat, die ähnliche Erfahrungen mit Gott gemacht haben, die eine ähnliche Haltung des Geistes entwickelt haben, die eine Gemeinschaft verwirklichter Nächsten- und Gottesliebe sein wollen.

 

Nur aus diesem positiven Hintergrund heraus macht Kirche Sinn, macht Glaube Sinn - und nicht weil es von irgendeinem Gremium verordnet wurde!

 

Mein früherer befreundeter Studienkollege aus römischen Zeiten Eberhard Schockenhoff (jetzt Professor für Moraltheologie in Freiburg) hat jüngst ein schmales Büchlein im Herder-Verlag veröffentlicht: „Erlöste Freiheit. Worauf es im Christentum ankommt“. In Vielem spricht er mir aus der Seele, weil er die Erfahrung von Liebe und Freiheit in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellt. Fast alle meine Seminararbeiten an der Universität habe ich mit einer Kombination dieser beiden Begriffe im Schlusskapitel beendet.
Oder wie es P. Cascales formulierte: „Die Liebe macht frei! Die Freiheit ruft Liebe hervor! Wo Liebe in Freiheit lebt, wächst, sich mitteilt, da ist Freude.“

 

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen erlösten, befreienden Glauben, der Ihr Leben nicht einengt, sondern erweitert, erhellt, freudvoller, sinnvoller, fröhlicher macht. Nur so können wir uns auf das Kommen Gottes in Jesus an Weihnachten, am Ende der eigenen Lebenszeit und schließlich am Ende der Weltenzeiten freuen.

 

Ihr Pfarrer Dr. Gerhard Gansterer