Ein Rabbi hatte einen großen Zuhörerkreis, der aus lauter Verehrern bestand. Nur ein Störenfried war dabei. Er beobachtete die Schwächen des Rabbi genau und kritisierte sie scharf. Die anderen fühlten sich dabei unbehaglich und wollten den Kritiker weghaben.

Schließlich starb der Störenfried und alle waren froh darüber. Umso verwunderter waren sie, als beim nächsten Zusammentreffen mit dem Rabbi sahen, dass dieser offenbar traurig war. „Bist du denn nicht froh, dass dieser Störenfried endlich weg ist?“, fragten sie den Rabbi. Der erwiderte: „Ich weiß nicht, ob ich jetzt noch wachsen kann!“

 

Eine Wiener Psychotherapeutin hat sich darauf spezialisiert, Untersuchungen auszuwerten, die sich mit dem Thema Kritik und Widerspruch in großen Organisationen und Firmen beschäftigten. Sie kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass jene Organisationen und Gemeinschaften erfolgreicher sind, die Widerspruch (der sachlich ist und konstruktiv!) zulassen als jene, die gewaltsam harmonisieren und keine kritischen Stimmen zulassen.

Dass Widerspruch in der heutigen Kirche vonnöten ist, zeigt folgendes kleine Beispiel: Im Februar 2011 erhält die Vorsitznde einer Vereinigung reformwilliger Katholiken in der Diözese Köln einen Brief vom Kölner Generalvikar. Anlass: Die Vereinvorsitzende hatte einen verheirataten Priester eingeladen, eine Messe in ihrer Wohnung mit und für den Verein zu feiern. Der Generalvikar Schreibt dazu: „Eine solche Messe ist eine schwere Sünde gegen Christus selbst, dessen Leib die Kirche ist.“

In den gleichen Tagen war in den Medien zu lesen, dass der Kölner Erzbischaf Meissner, der als äußerst konservativ gilt, einen verheirateten Mann und Vater von zwei Kindern zum Katholischen Prister weiht. Es handelt sich um Herrn Klueting, Professor für Geschichte und Theologie. Papst Benedikt persönlich hatte die dafür notwendige Dispens erteilt, dass der Professor auch als Prister seine Ehe fortführen kann.

Die Logik solcher Vorgangsweisen ist schlicht undurchschaubar.

Aus diesem Grund bitte ich Sie ausdrücklich, ein Memorandum von über 230 Theologieprofessorinnen und -professoren im deutschsprachigen Raum mit Ihrer Unterschrift zu unterstützen. Es werden darin 6 Forderungen aufgestellt, die die Kirche, wenn sie sich danach richtet, für gebildete und nachdenkende Menschen unserer Tage wieder attraktiv macht.

In Kurzfassung lauten diese Forderungen:

1. Mehr Beteiligung an kirchlichen Entscheidungen. „Was alle angeht, soll von alllen entschieden werden.“, lautet ein alter Rechtsgrundsatz. (Bsp. Bischofsernennungen)

2. Nicht immer größere Pfarren mit immer weniger Priestern sollen eingerichtet werden, sondern die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt sollen geändert werden. (Stichworte: Zölibat, Frauenweihe)

3. Rechtskultur und Reschtsschutz sind im aktuellen Kirchenrecht sehr mangelhaft ausgebildet.

4. Gewissensfreiheit ohne Bevormundung in persönlichen Lebensentscheidungen (wiederverheiratete Geschiedene).

5. Versöhnung predigen und eine rigorose Moral ohne Barmherzigkeit vertreten passen nicht zusammen.

6. Der Gottesdienst lebt von der Hineinnahme konkrter Lebenserfahrungen des modernen Menschen und soll nicht im Traditionalismus erstarren.

„Euch soll es zuerst um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit gehen“, hat es im heutigen Evangelium geheißen. Wenn die Kirche den heutigen Menschen etwas vom Reich Gottes nahe bringen will, ist noch viel für ihre innere Reform zu tun. AMEN