In der letzten Bibelrunde haben wir uns mit einem Kirchenlehrer der Ostkirche beschäftigt: Gregor von Nazianz lebte im 4. Jhd. in Kappadokien (Das lag in der heutigen mittleren Türkei und ist heute berühmt für seine Höhlenkirchen und -malereien!).

In einer Rede über „das rechte Verhalten der Menschen untereinander“ beschwört Gregor die ursprüngliche Gleichheit der Menschen. Er zitiert das AT, wo es heißt, dass Gott es regnen lässt über Gerechte und Sünder und das Licht der Sonne allen gleichmäßig spendet (ob gerecht oder ungerecht).

 

Der ursprünglichen Gleichheit aller Menschen stellt Gregor ihre spätere Ungleichheit gegenüber. Genau davon spricht auch das heutige Evangelium: die langen Quasten, die Ehrenplätze, die Titel, mit denen sich manche schmücken...

Bei euch - so sagt Jesus - soll es nicht so sein. Einer ist euer Meister, ihr alle seid Schwestern und Brüder.

In der Furche (einer katholischen Wochenzeitung) gab es einen ausgezeichneten Artikel über die fehlende gleiche Augenhöhe eines Dialogs innerhalb der Kirche. Der Autor meint die ungleichen Gesprächsebenen zwischen der Pfarrerinitiative und den Bischöfen bzw. dem Vatikan. In diesem Zusammenhang wird immer wieder der Konflikt zwischen Paulus und Petrus in der Urkirche genannt. Dieser war auf gleicher Augenhöhe! Heute haben sich die Ebenen gewaltig verschoben.

Wenn Weihbischof Helmut Krätzl anlässlich seines 80. Geburtstages erzählt, dass er wegen seines Buches „Im Sprung gehemmt“ (wo er kritisiert, dass die Konzilsverwirklichung ins Stocken geraten sei) nach Rom zitiert wurde und wörtlich hinzufügt, dass er „mit schlotternden Knien“ (!) dorthin fuhr, dann stimmt für mich etwas gewaltig nicht.

Ähnliches habe ich persönlich gehört, als Bischof Alois Schwarz erzählte, der Nuntius habe angerufen, um ihm seine Bischofsernennung mitzuteilen. Das hörte sich im Tonfall so an, als ob eine göttliche Autorität angerufen hätte.

Wo ist da die evangeliumsgemäße Augenhöhe und die von den alten Kirchenvätern gelehrte ursprüngliche Gleichheit aller Menschen!? Oder wie es Helmut Schüller in seinem Sonntagskommentar so schön formuliert: „Ständig (im alten Israel, in der Urkirche und in der christlichen Gemeinde heute) droht(e) das Urmerkmal von Gemeinschaft im Geist Jahwes, im Geist Jesu verloren zu gehen: dass vor Gott alle auf e i n e r Ebene stehen.“ AMEN.